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An dieser Stelle finden Sie das Archiv aktueller Meldungen rund um die Europa-Studien an der Technischen Universität Chemnitz: Veranstaltungen, weiterführende Informationen, Bewerbungsfristen und vieles mehr.


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09.10.2017
Drei Fragen an Prof. Dr. Teresa Pinheiro

Die Ereignisse in Spanien überschlagen sich zur Zeit. Die Regionalregierung Kataloniens fordert vom spanischen Staat die Unabhängigkeit der Region. Die spanische Regierung möchte dies verhindern. Es folgen Auseindersetzungen und Massendemonstrationen in der Region. Prof. Dr. Teresa Pinheiro gibt uns die Gelegenheit einen tieferen Einblick in den Streit zwischen Katalonien und der spanischen Regierung zu gewinnen:
 

Redaktion: Warum fordern Menschen in der spanischen Autonomieregion Katalonien nach einem unabhängigen Staat und nicht nach weiteren Autonomierechten?

 

Prof. Dr. Pinheiro: Weil die katalanische Regierung bei früheren Forderungen nach Ausweitung der Autonomierechte kein Gehör fand. Der letzte wichtige Anstoß in Richtung mehr Autonomie fand mit der Reform des Autonomiestatuts statt, die 2006 durch das katalanische Parlament verabschiedet wurde. Der Entwurf wurde in den spanischen Cortes heftig diskutiert, unter anderem weil in der Präambel Katalonien als Nation definiert wurde. Obwohl der Entwurf schließlich von den Cortes verabschiedet wurde, reichte die PP (Anm. d. Red. Spanische Volkspartei) eine Klage vor dem Verfassungsgericht ein. 2010 erklärte das Verfassungsgericht 14 Artikel für verfassungswidrig und schränkte die Auslegung weiterer Artikel ein. Dies rief die Empörung weiter Teile der katalanischen Gesellschaft hervor und brachte den Stein der Unabhängigkeitsbewegung ins Rollen. Als die PP mit Mariano Rajoy die Wahl 2011 gewann, standen die Zeichen nunmehr auf Konfrontation.

 

Redaktion: Ist die arbeitsmarktpolitische Situation (Jugendarbeitslosigkeit, Qualifizierung, Stellenangebote, Abwanderung) in Spanien als Katalysator zu sehen?

 

Prof. Dr. Pinheiro: Nicht im Geringsten, schließlich streben die weiteren Autonomen Gemeinschaften nicht nach Unabhängigkeit, obwohl auch sie von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die Finanzkrise war aber sicherlich der Auslöser einer heute noch andauernden politischen und gesellschaftlichen Krise, die durchaus auch die Situation in Katalonien berührt. Denn die Bewegung des 15-M (Anm. d. Red. Bewegung 15. Mai) reagierte zwar unmittelbar auf die Finanzkrise und lässt sich vor dem Hintergrund der weltweiten Kapitalismuskritik verorten; gleichzeitig fordern aber Parteien wie Podemos, die aus dieser Bewegung hervorgingen, nach einer Reform des so genannten 78er Systems, d.h. der unabgeschlossenen Transition zur Demokratie, die in der Konsensverfassung von 1978 ihren Niederschlag findet. Solche Parteien fordern nach dem Ende des Zweiparteiensystems, das aus dem Konsens der Transition hervorging, sowie nach einem Referendum zur Staatsform – denn auch die Monarchie ist das Erbe des Franquismus. Sie befürworten auch eine territoriale Reform in Richtung Föderalismus und unterstützen die Abhaltung eines verfassungskonformen Referendums. Wir tasten uns heute im Grunde an die Grenzen der paktierten Transition der 70er Jahre heran – es bleibt abzuwarten, ob alle politischen und sozialen Kräfte es vermögen, die Umwälzungen als Change anzusehen und ins Positive – das heißt in Richtung mehr Demokratie – zu wenden.

 

Redaktion: Gemäß der spanischen Verfassung müsste die gesamte Bevölkerung Spaniens über einen Verbleib bzw. eine Abspaltung Kataloniens abstimmen. Warum negiert die katalanische Unabhängigkeitsbewegung diese verfassungsrechtliche Vorschrift?

 

Prof. Dr. Pinheiro: Die katalanische Regierung negierte nicht das Abhalten eines landesweiten Referendums, denn die Zentralregierung hat diese Möglichkeit nicht ins Spiel gebracht. Die Möglichkeit eines landesweiten Referendums wird zwar zurzeit breit diskutiert, sie kann aber keine Antwort auf die derzeitige Situation in Katalonien geben, weil der Ausgang klar wäre. Ein solches Referendum macht nur dann Sinn, wenn die Bewohner der nach Unabhängigkeit strebenden Region wählen, wie im Falle Schottlands.

 

Redaktion: Wir bedanken uns herzlich bei Frau Prof. Dr. Pinheiro für das Interview 

 

Prof. Dr. Teresa Pinheiro ist Inhaberin der Professur Kutureller und Sozialer Wandel und Iberische Studien am Institut für Europäische Studien der Technischen Universität Chemnitz. 

 

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